In diesem Fall wird deutlich, wie wichtig die konsequentere Umsetzung von Gesetzen und Paragraphen, mithin eine abgestimmtere Intervention des kindschaftsrechtlichen Systems wäre.
Über viele Jahre streiten die Eltern auf Kosten des betroffenen Kindes, wovon in erster Linie Anwaltschaften profitieren und zugleich die Steuerzahler über Verfahrenskostenhilfe die Streitlust der Eltern finanzieren.
Man kann hier nicht einmal signifikante Beispiele nennen. Es ist aus der Aktenlage schlicht elterlicher Kindergarten. Nicht komplex; nicht kompliziert. Und dennoch sind Jugendamt und Familiengericht nicht in der Lage, wie in Fall 001 konsequent zu agieren.
Zwar werden den Eltern im Familiengericht in mehreren Verfahren immer wieder neue Vereinbarungen aufgegeben, doch zeigt sich beständig, dass die Vereinbarungen zu weich oder unzureichend formuliert sind, Interpretationsspielräume zulassen, Sanktionen auslassen und nicht zu einer Befriedung des konfliktreichen Trennungssystems führen.
Das „Weniger“ an Arbeit des Familiengerichtes in den jeweiligen Verfahren sorgt als einzige Konstante stets zu einem „Mehr“ an Arbeit in den Folgeverfahren für Gericht, Jugendamt, Verfahrensbeistandschaft und Anwälte.
Sicherheit, Planbarkeit und Verbindlichkeit sind nur unzureichend. Die Belastung für die Eltern und das Kind bleiben hoch.
Damit schadet das Familiengericht in erster Linie dem betroffenen Kind, wo auch in diesem Verfahren nach einigen Monaten durch das Jugendamt die Therapiebedürftigkeit des Kindes festgestellt wird.
Umso weniger ist das nachvollziehbar, da das Jugendamt schon in den Berichten betont, dass Therapieplätze mit langen Wartezeiten verbunden sind.
Man schadet also dem Kind „vom System“ und es dauert Jahre, bis diese Schädigung therapeutisch „per System“ behandelt werden kann. Ein perfider Kreislauf zum Schaden des Kindes.
Einen lückenlosen Rahmen mit klaren Regeln und ohne Interpretationsspielräume lassen die Gesetze in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur zu, sondern bieten schon heute ausreichend Instrumente, um Pflichtverletzungen destruktiver Elternpersonen zu identifizieren und auch zu sanktionieren. Es gibt die Pflicht der Eltern, sich bei Streitigkeiten zu einigen. Dazu gibt es die Wohlverhaltenspflicht. Ferner stellt der Gesetzgeber gleich in mehreren Gesetzbüchern fest, dass zum Wohl des Kindes BEIDE Eltern zählen, Eltern eine Verantwortung haben und Kinder zu schützen sind (auch durch straffe Verfahrensführung).
Es gibt eine Reihe von Sanktionsmöglichkeiten für Gerichte. Beispielhaft sei die – dann auch dringend und konsequenter zu erfolgende – Verhängung und insbesondere Beitreibung von Ordnungsgeldern gegen destruktive Elternpersonen genannt. Elterliches Fehlverhalten hat heute mehrheitlich noch immer keinerlei Konsequenzen.
Zur genauen Ermittlung elterlicher Kooperationsbereitschaft und der entsprechenden Umsetzung kann das Familiengericht auch Eltern mit festen zeitlichen Fristen und klaren Vorgaben zur Familienberatungsstelle schicken. Dabei reicht ein „nur Hinschicken“ ohne vordefiniertem Rahmen keinesfalls aus!
Die Eltern können und sollten vorweg eine Schweigepflicht-Entbindung unterzeichnen und das Gericht kann sich somit im Verlauf von der Familienberatungsstelle berichten lassen.
Es ist unverständlich, dass viele Gerichte diese Möglichkeiten unter Begründung der Niedrigschwelligkeit der Familienberatungsstelle noch immer ablehnen. Die Niedrigschwelligkeit kann und muss aufgelöst werden, wenn es um die konkretere Ermittlung destruktiver Elternanteile geht, die letztlich das Kind belasten und schädigen. Das Wohl der Kinder sollte dringend und tatsächlich im Mittelpunkt stehen und die Kinder vor dem Streit der Eltern geschützt werden.
Wenige bis einmalige Treffen und Gespräche mit Verfahrensbeistandschaften und Jugendamt reichen regelmäßig nicht aus, um wirklich Einblick in ein konflikthaftes Familiensystem zu bekommen.
Insbesondere ist es in der Regel unzureichend, um zu identifizieren, ob die sogenannte Hochstrittigkeit einseitig inszeniert wird. Dafür sind die kindschaftsrechtlichen Helfer nicht ausreichend ausgebildet und einseitig streitfreudige, zumeist bindungsintolerante Elternpersonen wissen das zu verbergen.
Sollte eine Elternperson zu stringenteren Maßnahmen zum Zwecke gerichtlicher Ermittlung entscheidungserheblicher Tatsachen oder zur Konfliktlösung nicht bereit sein, so kann und sollte ein Sachverständigen-Gutachten Antworten auf berechtigte Fragen, Zweifel oder Verdachtsmomente liefern.
Aus dem Kontext der Verfahrensakten sowie Reaktionen von Elternpersonen im Gerichtstermin lässt sich auch im relativ frühen Stadium identifizieren, ob es um eine lösungsorientierte Arbeit gehen soll, oder aber um Fragen wie Bindungstoleranz, elterliches Wohlverhalten oder Erziehungsfähigkeit.
Als Zwischenstufe sollten auch begleitete Umgänge zur Ermittlung entscheidungserheblicher Tatsachen ein öfter genutztes Mittel der Wahl werden.
In dem vorliegenden Fall wurden einige dieser Möglichkeiten ansatzweise genutzt; zugleich aber zu weich und zu unzureichend, um klare Antworten zu bekommen und vor allem in einem Zeitraum von (zu) vielen Jahren und in zu vielen Verfahren, was insbesondere das Kind sehr belastet und – aktenkundig dokumentiert – zu einem Therapiebedarf des Kindes geführt hat.
Frühere Intervention hätte die Anzahl der Verfahren mindestens halbieren können, obwohl es immer um das gleiche Thema ging:
Die eine Elternperson möchte das Kind öfter sehen und mehr betreuen, die andere Elternperson möchte genau das nicht, sondern im Gegenteil den Kontakt minimieren.
Beide Eltern liefern (auch mit Hilfe eskalierender Anwaltschaften) Argumente; das kindschaftsrechtliche System hat über Jahre kein griffiges Konzept; das Kind hat über Jahre ein Riesenproblem und zuletzt massiven Therapiebedarf.
Nun haben wir über zwei Seiten viel notiert und keinerlei Ereignisse aus dem Fall beschrieben. Dafür war der Fall in der Summe auch zu banal; zugleich die kindschaftsrechtliche Alibi-Intervention zu schlecht, zu unentschlossen, zu weich, zu unvollständig. Das Gegenteil dessen, was wir im Fall 001 so positiv beschrieben haben.
Hier liegt die Betonung auf der Leistungsverweigerung von Jugendamt und Familiengericht zum Schaden des Kindes.