Aus einem, über längere Zeit erfolgreich praktizierten Wechselmodell fordert eine Elternperson, nach Festigung einer neuen Beziehung in einem benachbarten Landkreis und dem Ziel des Umzuges dorthin, das gemeinsame Kind mitzunehmen.
Die Kontinuität sollte somit für das Kind aufgegeben und das Kind auch in eine neue Schule im benachbarten Landkreis umgeschult werden. Aus dem erfolgreich gelebten Wechselmodell sollte nun durch Umzug, Schulwechsel und neue Umgebung für das Kind ein Residenzmodell werden und die Person, die in einen benachbarten Kreis gezogen ist, will nun hauptsächlich betreuende Elternperson sein.
Von Antragstellung der umgezogenen Elternperson bis zum Gerichtstermin dauert es fast drei Monate. Für eine manipulierende Elternperson eine zumeist ausreichend lange Zeit für das „kontinuierliche Bearbeiten des Kindes“, insbesondere wenn die andere Elternperson nicht manipuliert, sondern vielmehr das Kind aus dem elterlichen Konflikt raushalten will.
In den fast drei Monaten zwischen Antragstellung und Gerichtstermin ist aus den Berichten von Jugendamt und Verfahrensbeistandschaft sowie aus der Anhörung aufgrund der zeitlichen Abstände erkennbar, dass es anfangs keinen Willen des Kindes zu einem Umzug gibt, kurz darauf eine zunehmende Positionierung bei gleichzeitiger Wankelmütigkeit und Neugier auf Versprechungen der umgezogenen Elternperson. Es entsteht schon zu dieser Zeit der Eindruck, dass das Kind „gekauft wird“.
Vor dem anstehenden Gerichtstermin äußert das Jugendamt Zweifel, dass der Wille des Kindes autonom sei und stellt die Vermutung auf, dass eine Einflussnahme der umgezogenen Elternperson erfolgt. Sowohl Jugendamt als auch Verfahrensbeistandschaft empfehlen die Beibehaltung des bisherigen Wechselmodells und die „Klärung der elterlichen Streitigkeiten“.
Bis hierher sollte man davon ausgehen, dass das Familiengericht aufgrund der professionellen Hinweise einem Umzug keinesfalls zustimmen wird.
Weit gefehlt.
Tatsächlich löst das Familiengericht die paritätische Betreuung, von dem das Kind profitiert hat, auf und überträgt das Aufenthaltsbestimmungsrecht an die umgezogene Elternperson.
Diese schafft noch vor Rechtskraft des Beschlusses umgehend Fakten, informiert das gemeinsame Kind schon unmittelbar nach Beschluss per WhatsApp über „den Erfolg“, meldet sich und das Kind sodann um und das Kind am nächsten Werktag bereits von der alten Schule ab und an der neuen Schule an.
Schon nach kurzer Zeit bekommt die (nunmehr gerichtlich degradierte) Umgangs-Elternperson vom Kind Nachrichten, die in der Wortwahl nicht altersgerecht sind. Mit deutlichen Hinweisen, dass das Kind durch die nunmehr dank eines fatalen Gerichtsbeschlusses „mächtige“ hauptbetreuende Elternperson offenbar aktiv daran arbeitet, das Kind in der sicheren Bindung zur anderen Elternperson gezielt zu verunsichern.
„Wer das Kind hat, hat die Macht“
Diese Macht ist vom Familiengericht aus nicht nachvollziehbaren Gründen großzügig vergeben worden. Zu einer Befriedung und einer Verbesserung trägt diese Entscheidung nicht bei.
Im Gegenteil wird diese Entscheidung das kindschaftsrechtliche System nun weiter beschäftigen, vor allem aber das Kind dauerhaft und nachhaltig belasten, vermutlich auch dauerhaft schädigen. Ebenso die nun zum „Umgang“ degradierte Elternperson.
Nachfolgend wird mit Rücksicht auf die Anonymität der Eltern und Kinder pauschaler formuliert, als es aus der Aktenlage, aus Berichten von Jugendamt und Verfahrensbeistandschaft, aus Anwaltsschreiben, Gerichtsprotokollen, -anhörungen und -beschlüssen herauszulesen ist.
Während der folgenden Monate manifestiert sich eine Entwicklung, an deren Ende nicht selten – umso mehr bei Einzelkindern im Alter zwischen sieben und vierzehn Jahren der einseitige Kontaktabbruch zur Umgangs-Elternperson die Folge ist:
Prognostisch darf nach Kenntnis der Aktenlage befürchtet werden, dass es zu einem Kontaktabbruch kommen wird, der seinen Ursprung in dem gerichtlichen Beschluss des Aufenthaltsbestimmungsrechts findet.
Eine dringend notwendige Korrektur dieser Fehlentscheidung fand nicht statt. Zwar scheint das Gericht selbst erkannt zu haben, dass die Entscheidung des Wechsels gegen den Rat von Jugendamt und Verfahrensbeistandschaft nicht gut war. Auch ist das unkooperative Verhalten der nun hauptbetreuenden Elternperson im Sitzungstermin kritisch kommentiert worden. Mehr aber auch nicht.
Tatsächlich gab es zum Status einer „alle-14-Tage-am-Wochenende-Elternschaft“ nur noch drei Stunden Präsenz an einem Tag in den Wochen hinzu, wo es kein Umgangswochenende ist. Dieses soll dann auch in dem Ort stattfinden, wo das Kind jetzt lebt. Man könne die Zeit ja nutzen, um ein Eis essen zu gehen, lautet es im Beschluss.
Ein Sachverständigen-Gutachten zur Erziehungsfähigkeit beider Eltern und zu den tatsächlichen Wünschen des Kindes von den Gerichten wurde allerdings vom Gericht verweigert. Stattdessen droht man zumindest von behördlicher Seite der Umgangs-Elternperson mit Entzug des Sorgerechts, wenn sich diese Elternperson nicht „zurückhält und das Kind zur Ruhe kommen lässt“. Die ausbleibenden Informationspflichten der hauptbetreuenden Elternperson bleiben dabei im gesamten kindschaftsrechtlichen System unbeachtet.
Im Fazit wird dem Kind per System geschadet, es wird in seinen Bindungen zu beiden Eltern kontinuierlich und zunehmend verunsichert, infolge dessen beeinträchtigt. Die zunehmende Ablehnung des Kindes zur Umgangs-Elternperson wird dabei nicht als Hilferuf eines Kindes verstanden, sondern zur Einschüchterung und weiteren Demontage der Umgangs-Elternperson genutzt. Das kindschaftsrechtliche System ist nicht Teil einer Lösung, sondern entwickelt sich in einer „Allianzen-Bildung“ mit der hautbetreuenden Elternperson zum Kernproblem.